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Bremen. 150 Jahre Friedhof Walle

Bremen hat mehrere schöne und alte Friedhöfe. Einer davon liegt im Stadtteil Walle. Im Mai 2025 wird sein 150jähriges Bestehen gefeiert.

Ich habe den Waller Friedhof im Juni 2019 besucht und an einer Führung durch einen Mitarbeiter vom Umweltbetrieb teilgenommen. Im Juni 2021 war ich ein zweites Mal dort. Was habe ich dort Besonderes entdeckt?

Viele alte und hohe Bäume prägen den Waller Friedhof und bieten an heißen Sommertagen Schatten. Foto: ML 2021

Entstehung des Waller Friedhofs

Zuerst noch kurz zur Geschichte des Friedhofes: In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts waren die innerstädtischen Bremer Friedhöfe am Doventor (Wallanlagen nahe Arbeitsamt) und am Herdentor (dort, wo das Anti-Kolonialdenkmal Elefant steht) voll belegt und sollten geschlossen werden. In Walle kaufte die Stadt eine Parkanlage, die sich in Privatbesitz befand. Der Entwurf des Gartenarchitekten Carl Jancke aus Aachen bildete den Grundstein zur Umgestaltung in einen Friedhof. Zehn Jahre später wurde die Anlage erweitert, hierfür war der Gestalter des Bremer Bürgerparks, Wilhelm Benque, verantwortlich. Der Waller Friedhof war, ebenso wie der gleichzeitg eröffnete Riensberger Friedhof in Schwachhausen, kein Stadtteilfriedhof, sondern stand allen Bürgern der Stadt offen. Mit einer Fläche von 28,9 Hektar ist der Waller Friedhof ähnlich groß wie der Riensberger Friedhof mit 28,1 Hektar. Zum Vergleich: Der wegen des weiter steigenden Bedarfs 1920 eröffnete Osterholzer Friedhof ist mit 79,5 Hektar fast dreimal so groß.

Zwei der ältesten Grabsteine mit Sterbedaten von 1877 und 1878

Etwas Besonderes auf dem Waller Friedhof ist das Gemeinschafsurnengrab für Obdachlose, die sonst oft nur eine anonyme Sozialbestattung bekommen. Es wurde 2012 von der Inneren Mission eingerichtet und bietet Platz für 96 Urnen. In der Mitte steht ein alter Grabstein, an den sich links und rechts „Bücherregale“ anschließen. Jeder Buchrücken trägt den Namen eines hier Bestatteten. Obenauf legen BesucherInnen Steine und Kerzen ab. Da es inzwischen voll belegt ist, gibt es seit 2024 eine zweite Gemeinschaftsgrabstätte.

Gemeinschaftsgrabstätte für Wohnungslose auf dem Waller Friedhof. Die Kacheln am ursprünglichen historischen Grabmal zeigen einen Einkaufswagen mit einer Lidl-Tüte. Foto: ML 2019

Bremer Geschichte – unruhige Zeiten

Daran, dass es auch in Bremen nicht immer so friedlich war wie in den vergangenen Jahrzehnten, erinnern einerseits die ordentlich gepflegten Grabreihen von gefallenen Soldaten aus dem ersten Weltkrieg und andererseits zwei sehr gegensätzliche Monumente, die sich auf die politischen Kämpfe kurz nach dem ersten Weltkrieg beziehen: ein Denkmal für die „Gefallenen der Bremer Räterepublik“ und eines für die Soldaten, die im Kampf gegen die Räterepublik in Bremen starben.

Das ursprüngliche Denkmal für die toten Arbeiter der Räterepublik, die auf dem Waller Friedhof bestattet wurden, war die von Gerhard Höttger geschaffene „Pietá“, aufgestellt 1922. Es wurde 1933 von den Nazis zerstört. Erhalten geblieben ist nur die rötliche Steinplatte, die auf dem Foto zu sehen ist. Ihre Inschrift, die nur schwer zu entziffern ist, lautet: „Für Frieden, Demokratie und sozialen Fortschritt gaben ihr Leben in den Tagen 10.1.1919 der Bremer Räterepublik 4.2.1919 (es folgen die Namen). Das heutige 4,5 Meter hohe Monument stammt aus dem Jahr 1972 und wurde von dem Bremer Bildhauer Georg Arfmann entworfen.

An die Gegenseite erinnert ein aus Klinker gemauertes Dreieck. Auf dem Stein davor steht „Den Gerstenbergern“, darunter fünf Namen mit Rankbezeichnungen aus der Marine. „Gerstenberger“ geht zurück auf den deutschen Generalmajor und Freikorpsführer Bernhard Wilhelm Gerstenberg (1863-1945), der 1919 die Division Gerstenberg anführte um die Bremer Räterepublik niederzuschlagen. Zum 100jährigen Jubiläum fand sich der folgende Kommentar auf dem Dreieck: „Soldaten sint Mörder“.

Das Denkmal für die Gerstenberger

Hier liegen Kriegstote des 1. Weltkrieges

Interessante Grabmale

Die Grabmalästik wandelt sich: Damals: eine Frau an der Nähmaschine, ein Schiff, das durchs Gehölz segelt, Eichenlaub, Säge, Hammer, Winkel (aber kein Zirkel) und Pferdeköpfe; heute: ein springendes Pferd, ein Turm aus runden Steinen und eine transparente Scheibe…

Zu den Grabstellen historischer Lokalprominenz gehört jene von Carl Friedrich August Kippenberg (1830–1889) und seiner zweiten Frau Johanne (1842-1925). August Kippenberg ist Gründer und Namensgeber des Kippenberg-Gymnasiums und setzte sich zusammen mit Johanne sehr für die Bildung von Mädchen ein. Vor allem die Biografie von Johanne als Pädagogin, Unternehmerin und Mutter von sieben Kindern ist äußerst beeindruckend. So war das heutige Kippenberg-Gymnasium anfangs eine Mädchenschule. Ihr Sohn Hermann Kippenberg (1863-1940) trat als Pädagoge und Schulleiter in die Fußstapfen seiner Eltern. In dem Familiengrabstätte sind noch weitere Nachkommen bestattet, deren Namen und Daten in der liegenden Grabplatte eingraviert sind.

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Am Samstag, den 17. Mai 2025 gibt es von 14-19 Uhr ein umfangreiches Jubiläumsprogramm auf dem Waller Friedhof, bei dem sich sicher auch viele offene Fragen, die bei einem unbefangenen Spaziergang aufkommen, beantworten lassen.

Auf der Seite des Umweltbetriebs Bremen gibt es einen Plan des Waller Friedhofs.

Beitrag zum Waller Friedhof im Weser Kurier 2016

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