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Lettland. Lielie Kapi – der große Friedhof in Riga.

Riga schmiedeeiserne Grabumfriedung

Den großen Friedhof in Riga habe ich im Oktober 2022 besucht. Da war er 249 Jahre alt. Und nun wurde gerade sein 250-jähriges Bestehen begangen, mit einer Ausstellung historischer Fotos im Park und einer Buchpublikation.

Link zum Bericht „Rīga Great Cemetery turns 250“ auf der Website von Latvian Broadcasting und zur Vorstellung des Buches von Juris Millers (Mai 2023) bei Baltic News.

Gegründet wurde der Friedhof 1773 außerhalb der damaligen Stadtgrenze, nachdem Katharina die Große Bestattungen auf den Kirchhöfen der innerstädtischen Kirchen aus hygienischen Gründen, Seuchengefahr etc. verboten hatte. Die erste Bestattung war die eines gewissen Eregot Benjamin Kolberg, Mitglied der Gemeinde von St. Peter.

Bis 1939 erfuhr der Große Friedhof eine Blütezeit, vor allem Baltendeutsche ließen sich hier beerdigen. Insgesamt waren es mehrere zehntausend Rigaer Bürger in den rund 200 Jahren der aktiven Nutzung. Laut einer Info-Tafel in Lettisch, Englisch und Russisch fanden bis 1957 Bestattungen statt, 1969 wurde der Friedhof offiziell geschlossen. In den Jahrzehnten der Sowjetzeit wurden viele Grabstätten zerstört. Seit Mitte der 1980er Jahre wächst das Interesse am Erhalt der Überreste des Friedhofs, der sich dem Besucher heute als weitläufiger Park präsentiert.

Heute eher ein Park (Foto vom Oktober 2022)

Erstaunlicherweise gibt es nicht wenige Grabstellen, die erstaunlich gut erhalten sind. Vielleicht wurden sie auch restauriert. Und natürlich ist es schön, die vielen erhaltenen deutschsprachigen Inschriften lesen bzw. verstehen zu können.

Wilhelmine von Sengbusch (welch elegante Schreibschrift!), geboren 1779, ist vielleicht die Tochter des Bürgermeisters Alexander Gottschalk von Sengbusch, der von 1738 bis 1800 lebte.

Welche Sprache ist das?

Für wen die Kürbisse wohl waren? Just for Fun?
Von Adam Kröger. Erblich. ist nicht viel geblieben…

Einige berühmte Leute

Selbst beim ziellosen Herumwandern habe ich drei ehemalige Bürgermeister Rigas endeckt:

Alexander Gottschalk von Sengbusch 1790 – 1800
Ludwig Wilhelm Kerkovius 1890-1901
George Armitstead 1901-1912

(Die Daten beziehen sich auf die Amtszeit, nicht auf die Lebenszeit)

Und das ist offensichtlich eine Liste von Kulturschaffenden aus dem Theater, Schauspieler und Schauspielerinnen, Kritiker, ein Dramaturg, ein Regisseur und ein Poet.

Große Überaschung: ein Weltraumforscher, Friedrich Zander, 1887 geboren in Riga, 1933 gestorben in Kislowodsk. Er war Ingenieur und starb erst 46-jährig an Typhus. Links wahrscheinlich seine Großeltern.

Ein paar Details. Wie die Natur – vom Baum und bis zum Moos – das Menschenwerk umarmt, bereichert, vereinnahmt,…

An den Rändern des Parks stehen ein paar große Familiengruften, die offensichtlich gestützt und geschützt werden (müssen).

Letzte Worte

Links: Eugen Wilhelm Warck, Amts-Schlosser Meister. Dreistern Kavalier (der hier gar nicht liegt, denn er hat gar kein Sterbedatum):


„Nicht mir gilt dieser Wandelstein,
für dich o Bürger soll er sein,
du musst auch wie ich verblassen,
und alles hinter dich verlassen,
drum lerne die Kunst zu sterben früh,
wer so mal stirbt, der stirbt wohl nie.“

Links: Gotthard Schweder (1832-1915), Direktor des Stadtgymnasiums:

Dem Bildner und Freunde der Jugend
Dem vielseitigen Künder der Natur

Die wunderschön und gut lesbar beschriftete Stele steht noch, die Ketten, die die vier Eckpfosten sicher mal verbanden, sind wohl dem Altmetall zugeführt worden….

Hier ruhet die innig beweinte Gattin und Mutter Karoline Boske (bin mir beim Namen nicht ganz sicher) geb. 23. Febr. 1789, gest. am 18. Mai 1831
ihr folgte bald Theodor Boske, geb. d. 1. Juno 1820 gest. am 10. Januar 1832.

Ruht!

O ruht im heiligen Frieden!
euren Geist haben Engel aufgenommen
in das Chor der Frommen.

Südlich des „Großen Friedhofs“ liegt noch ein aktiver Friedhof, der Pokrov-Friedhof, Pokrova kapi. Er war lange der wichtigste Friedhof für die russisch-sprachige Bevölkerung Rigas und ist es nun wieder, wie manche Gräber der jüngeren Zeit mit kyrillischer Aufschrift belegen. Auf dem Gelände stehen eine lutherisch-evangelische Kirche und die einzige lettisch-orthodoxe Kirche Rigas.

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