Ich habe ein paar Fotos aus dem Jahr 2006 von einem historischen Gebäude in Manzhouli, einer Grenzstadt im Norden der Inneren Mongolei. Manzhouli ist eine Station auf der transibirischen Eisenbahn und ich bin hier zweimal von Russland (bzw. damals noch Sowjetunion) in die VR China eingereist, 1989 und 1990, beide Male im Winter. Der Aufenthalt dauerte jeweils nur ein paar Stunden und war auf das Bahnhofsgebäude beschränkt. Im Sommer 2006 besuchte ich die Stadt auf einer Tour durch die Innere Mongolei. Das zartgelbe Gebäude mit weißen und zartgrünen Ornamenten auf den Fotos stammt aus dem Jahr 1926 und ist seit 2004 das Museum der Stadt. Im Hof standen drei Galgen und ordentlich aufgereiht einige Grabsteine mit hebräischen und russischen Buchstaben: ЗДЕСЬ ПОКОЯТСЯ = Hier ruht…
Zur Geschichte der jüdischen Einwohner Manzhoulis findet sich ein kurzer englischsprachiger Bericht auf der Website www.jewsofchina.org. Die Gemeinde bestand nur relaitv kurze Zeit, und zwar etwa zwischen 1902 und dem Ende der 1920er Jahre. Die ersten jüdischen Familien kamen als Angestellte der China Far East Railway oder als Händler. Nach der Oktobrrevolution in Russland stieg die Zahl der jüdischen Familien in Manzhouli auf 350. In dem Bericht heißt es, dass Anfang der 1930er nur noch die 1906 erbaute Synagoge, eine Bibliothek und das Gelände der Schule Zeugen der ehemaligen jüdischen Gemeinde waren.
In einem Bericht auf der chinesischen Nachrichtenseite People’s Net vom 23.6.2015 mit der Überschrift „Im Museum von Manzhouli verstecken sich 30 jüdische Grabsteine“ sagt der Leiter der Abteilung für Denkmäler der Inneren Mongolei Wang Dafang (王大方), dass laut Dokumenten des Museums im Jahr 1906 20 jüdische Familien mit 60 Personen hier ansässig waren. 1908 waren 28 Familien bzw. 100 Personen registriert, 1915 150 Familien bzw. 400 Personen und nach 1917 1.000 Personen. In den 1920er Jahren habe die Gemeinde einen Friedhof errichtet, der über hundert Grabsteine umfasst habe, das größte Grabmal sei zwei Meter hoch gewesen. Unter den 30 erhaltenen sind 2 horizontale, 10 „sitzende“ und 18 stehende Steine. Woher man weiß, dass es mehr als 100 waren, und warum es jetzt nur noch 30 sind, geht aus dem Artikel nicht hervor. Nach meinen Fotos zu urteilen würde ich sagen, dass die Mehrzahl zumindest 2006 gar nicht versteckt war, sondern ordentlich und öffentlich zugänglich im Hof standen, allerdings ohne weitere erklärende Informationen. Herr Wang sagt, einige der Steine verwiesen auf Ehepaare und es gäbe Fotos der Verstorbenen.
Was es mit den Galgen auf sich hatte, weiß ich nicht mehr.