Kürzlich hatte ich Gelegenheit, zwei Dorffriedhöfe in Südwestpolen zu besuchen. Katholische Friedhöfe sind für mich immer speziell, da ich „aus dem Evangelischen“ komme und in meiner Kindheit und Jugend überhaupt eher wenig mit Kirche und Religion zu tun hatte. Wie immer gab es viel zu sehen! Ganz zuerst fällt auf, dass die Anlagen gut belegt sind.
Grabsteine und Kreuze mit Jesusfigur halten sich in etwa die Waage. Viele Grabstellen sind mit Steinplatten abgedeckt, was die Grabpflege erübrigt, die ja wohl in Deutschland ein Grund dafür ist, dass immer mehr Menschen am liebsten anonym unter einem Baum bestattet werden möchten. (Oder das zumindest mit den Worten „Ich will niemandem zur Last fallen“ begründen). Trotzdem sahen die meisten Gräber, auch ältere, gepflegt und geschmückt aus, vollgestellt mit frischen Blumen und Kunstblumengestecken sowie Grabkerzen und Grablichtern aller Art. Nicht alle hatten die Abdeckung, manche waren auch innerhalb ihrer Begrenzung bepflanzt. Bei genauerer Betrachtung wirkt diese Masse an religiösen Symbolen dann aber schnell auch wieder eintönig. Auch die Grabbeschriftungen entsprechen den „Standards“ und mit ein wenig slawischen Sprachkenntnissen kann man die Bedeutung leicht erraten: „Pokój jego duszy – Friede seiner Seele“, „Jezu ufam Tobie – Jesus, ich vertraue auf dich“, „Prosi o modlitwe – Bitte um Gebete“. Den Trend zur Individualisieurng konnte ich hier nicht endecken. Maximal der kleine Plastikhase bei der Gedenkstätte für todgeborene Kinder fiel etwas aus dem Rahmen.
Die ältere Dame war auf dem Weg mit einem schönen, neuen, großen Strauß Kunstblumen auf dem Weg zum Friedhof. Sie sprach lange auf meinen Mann ein, der fast kein Wort verstand – außer Papa, Mama, woraus er schloss, dass die wohl alle auf diesem Friedhof liegen. Die Frau erwartete keine Antworten, nur ein offenes Ohr. Später half mein Mann ihr noch die Treppenstufen hinauf, dann traf sie einen alten Bekannten, mit dem sie wieder einen Schwatz einlegte. So war der Friedhofsbesuch auch wieder eine Begegnung mit Lebenden und Gelegenheit zum sozialen Austausch.
Unser Gastgeber hat mir empfohlen, zu Allerheiligen zu kommen, wenn die Friedhöfe drei tagelang voll mit Angehörigen sind, die Kerzen anzünden, beten, wenn Messen für die Verstorbenen gehalten werden… Naja, dieses Jahr wird es wohl nichts werden.
Erdbestattung & Kremation in Polen
Die Cremation Society mit Sitz in Großbritannien hat Zahlen zur Einäscherungsrate in Polen veröffentlicht: Es wird geschätzt, dass etwa 24 % von 388.000 Todesfällen im Jahr 2016 Einäscherungen waren. Es soll 52 Krematorien in Polen geben; in Deutschland, zum Vergleich, etwa 160 bei doppelt so hoher Einwohnerzahl. Ich habe bei meinen zwei Kurzbesuchen auf den Friedhöfen eigentlich keine Urnengrabstätten gesehen, was aber nicht bedeutet, dass es keine gab.
Die katholische Kirche bevorzugt die Erdbestattung, was mit der Vorstellung von der „Auferstehung des Fleisches“ zu tun hat. (Die Moderatoren vom NZZ Podcast würden jetzt fragen: „Wie muss ich mir das vorstellen?“ Tja, ich hätte da jetzt auch keine Antwort drauf, und denke auch eher, dass man irgendwann froh ist, seinen alten Körper, wenn er nicht mehr richtig mittut, los zu sein… Es müsste doch bessere Zustände geben?) Katholiken ist die Einäscherung jedenfalls erst seit 1963 erlaubt, „es sei denn, sie ist aus Gründen gewählt worden, die der christlichen Glaubenslehre widersprechen“ (Quelle: CIC, can. 1176 § 3; cf. CCEC, can. 876 § 3.). In einem Erlass des Vatikans vom März 2016 mit dem Titel „Instruktion Ad resurgendum cum Christo über die Beerdigung der Verstorbenen und die Aufbewahrung der Asche im Fall der Feuerbestattung“ heißt es weiter: „Wo Gründe hygienischer, ökonomischer oder sozialer Natur dazu führen, sich für die Feuerbestattung zu entscheiden (…) sieht die Kirche keine lehrmäßigen Gründe, um diese Praxis zu verbieten. Denn die Einäscherung des Leichnams berührt nicht die Seele und hindert die Allmacht Gottes nicht daran, den Leib aufzuerwecken.“
Der ganze Text des Erlasses sowie weitere Ausführungen und Erläuterungen zu den Ansichten der katholischen Kirche zu Kremation und der Behandlung der menschlichen Asche, mit der sie auf die neusten Trends reagiert, finden sich auf der Website www.katholisch.de: „Das sind die Regeln zur Feuerbestattung – Vatikan veröffentlicht Instruktion „Zur Auferstehung mit Christus„. Die Kirche empfiehlt weiterhin nachdrücklich, den Leichnam der Verstorbenen auf dem Friedhof oder an einem anderen heiligen Ort zu beerdigen. Im Falle der Kremation darf die Asche nicht verstreut oder anonym bestattet werden. In Polen, denke ich, hat der Friedhof noch Zukunft!
Die regelmäßige Grabpflege sorgt dafür, dass ein Grab immer schön aussieht. Ich finde das wichtig, weil ich weiß, dass ich meine Uroma das so gewünscht hätte. Ich hoffe, dass jemand mein Grab auch mal pflegen wird. https://blumen-wieting.de/grabpflege
Hallo Jim,
irgendwie finde ich es eine seltsame Art, Kommentare zu schreiben, die scheinbar mit dem Beitrag zu tun haben, aber eigentlich Werbung sind… Zumal die Bilder in dem Artikel ja gar keine so schön gepflegten Gräber zeigen, wie Sie das wahrscheinlich anbieten…
Ich persönlich finde verwilderte Friedhöfe, die mir die Vergänglichkeit allen Seins vor Augen führen UND wilden Tieren eine lebenswerte Heimat bieten, viel romantischer…
Aber ich habe auch einen Wunsch an die Friedhofsgärtnereien: mehr Insekten- und bienenfreundliche, nachhaltige und „nützliche“ Bepflanzung, Sommerblumenwiesen statt Null-Acht-Fünfzehn Stiefmütterchen (die nur den Kaninchen schmecken..). Und nicht nach Kalender blühende Blumen rausreißen und im Container entsorgen… Habe schon mehrmals welche „gerettet“, die mich auf meinem Balkon noch monatelang blühend erfreut haben!
Natürlich wünsche ich Ihrem Geschäft alles Gute, aber ich weiß nicht, ob diese Art von Werbung Sinn macht. Das gilt natürlich auch für die vorherigen zwei Kommentare….
Vielen Dank für diesen lehrreichen Beitrag! Meine Großeltern kommen aus Polen, deshalb interessiert mich alles, was mit dem Land zusammenhängt – so auch die Friedhöfe und die Grabpflege. Schön zu wissen, dass die meisten Gräber auf dem Dorffriedhof gepflegt und geschmückt aussahen. Danke, dass du uns die polnischen Friedhöfe gezeigt hast! https://www.km-gartenbau.com/
Eine polnische Freundin hat mir erzählt, dass sie früher oft auf dem Friedhof gepicknickt haben. Das ist für uns gar nicht so verständlich, in manchem Kulturen ist das aber total normal. Die Gestaltung der Gräber ist natürlich auch eine ganz andere, genauso wie der Ablauf einer Beerdigung und die Einäscherung. https://www.flammersberger-bestattungshilfe.de/leistungen/saerge-und-urnen/