Vor 1949 hatten Ausländer, die in China lebten, ihre eigenen Friedhöfe. Heute müssen sie Großes geleistet oder nahe Verwandte in China haben, um hier bestattet werden zu dürfen. Wilfried Verbruggen, Direktor des Bestattungsdienstleisters Roseates in Beijing berichtet aus der Praxis.
Roseates ist spezialisiert auf internationale Leichenüberführungen aus China. Seit 2008 betreut das Unternehmen jedes Jahr die Rückführung von etwa 150 in China verstorbenen Ausländern. 80 Prozent davon starben nicht im Krankenhaus. Etwa 70 Prozent der Toten werden als Leichname überführt und nur 30 Prozent als Asche in Urnen.
Wie viele Ausländer sterben pro Jahr in China und woran?
Ich schätze etwa 2.000, die meisten an Herzinfarkten und Atemwegs- oder Lungenproblemen.
Ist die Abwicklung von Todesfällen bei Chinesen und Ausländern unterschiedlich?
Die Formulare sind von Ort zu Ort unterschiedlich, es gibt auch keine chinaweit einheitliche Sterbeurkunde für solche Ausländer, die nicht in einem Krankenhaus sterben. Im Gegensatz zu Chinesen besteht für Ausländer freie Wahl, ob sie den Leichnam oder die Asche rückführen lassen wollen. Diese Entscheidung treffen die Angehörigen.
Mit was für Kosten muss man für den Rücktransport des Leichnams oder der Asche rechnen?
Die Überführung des Leichnams kostet vier bis fünfmal so viel wie die Rückführung der Asche. Je nachdem wo in China der Tod eintrat, entstehen Kosten von 65.000 bis 125.000 RMB, dazu kommt gegebenenfalls noch der innerchinesische Transport. Für die Ascherückführung ist mit etwa 25.000 RMB zu rechnen.
Können alle Bestattungsunternehmen in China sich um verstorbene Ausländer kümmern?
Die Einbalsamierung von ausländischen Leichen kann nur von etwa 30 Bestattungsunternehmen in China durchgeführt werden. Das führt natürlich zu einem gewissen lokalen Monopol. Eine Einäscherung kann überall stattfinden.
Welche Rolle haben die ausländischen Botschaften im Todesfall?
Die chinesischen Behörden müssen die zuständige Botschaft über den Todesfall informieren. Die wiederum informiert die Behörden im Heimatland und diese informieren die Angehörigen durch die Polizei vor Ort. Die Botschaft lässt die chinesischen Behörden wissen, wer sich um die Rückführung kümmert. Einige Botschaften stellen ein Dokument aus, das die Unbedenklichkeit der Rückführung bestätigt, oder sie schreiben einen Bericht über den Todesfall oder legalisieren die Dokumente.
Können sich Ausländer in China beerdigen lassen, zum Beispiel auf einem kommerziellen Friedhof?
Das ist nur dann möglich, wenn der Verstorbene einen direkten chinesischen Verwandten oder Ehepartner hat, der in China ansässig ist. Ansonsten kann weder der Leichnam noch die Asche in chinesischer Erde bestattet werden. Möglich wäre allenfalls eine Seebestattung der Asche.
Solche Anfragen kommen vor, wenn entweder keine Angehörigen auffindbar sind, wenn die Familie zum Beispiel aus Kostengründen gegen die Rückführung ist, aus religiösen Gründen, oder weil der Tote es vor seinem Ableben so gewünscht hat.
Wissen Sie von Ausländern, die in China beerdigt wurden? Auf dem Wanfou Friedhof in Peking habe ich das Grab eines Iraners gesehen. Er hatte wohl eine chinesische Ehefrau.
Wir haben einmal die Asche eines Deutschen in Westchina beerdigt, weil das dortige Bestattungsinstitut die Regeln nicht genau kannte. Kurze Zeit später meldete sich die chinesische Polizei und fragte nach der Ausfuhrbescheinigung der Urne. Wir haben dann gesagt, die Asche sei verstreut worden…
In Deutschland gibt es seit etwa 10 Jahren zunehmend „alternative” Bestatter, die individuelle Zeremonien anbieten. Manche ermöglichen es den Angehörigen zum Beispiel, den Leichnam selbst zu waschen und fertig zu machen, oder den Sarg zu bemalen. Gibt es so etwas auch in China?
Für Ausländer gibt es in China keine Sonderbehandlung, nicht mal der Sarg kann ausgewählt werden. In der Regel ist das eine zinkverkleidete Transportkiste, die wie ein Sarg aussieht, wie es die IATA-Vorschriften verlangen. Wie der Leichnam zu versorgen ist, ist gesetzlich festgelegt. Religiöse Zeremonien, wie eine rituelle muslimische Waschung oder singende Mönche oder Priester, werden von der Regierung nicht gerne gesehen, sind aber möglich. Papierobjekte zu verbrennen ist in der Stadt verboten.
Superreiche Chinesen organisieren manchmal außergewöhnliche, in manchen Fällen auch schockierende Trauerfeiern. Ein Pekinger Bestattungsunternehmen hatte vor zwei Jahren einmal die Idee, ein Video von der Einbalsamierung zu machen und dafür 300 US Dollar zu verlangen. Ich habe das abgelehnt…
Gibt es noch etwas, von dem Sie meinen, dass es für unsere deutschen LeserInnen interessant sein könnte?
Für die durchweg staatlichen Bestattungsunternehmen bedeuten ausländische Tote einen riesigen Profit von etwa 1000 Prozent, den sie sich mit ihren Angestellten und der Bestattungsvereinigung teilen. Sie verbringen außerordentlich viel Zeit damit, sich neue Einkommensquellen zu überlegen, und versuchen, neue Regelungen durchzusetzen, um zum Beispiel auch den Leichentransport an sich zu reißen. Jeder, durch dessen Hände der Leichnam, der Sarg, die Urne oder auch nur ein Begleitdokument geht, muss bezahlt werden, um ihn oder sie für das schlechte Omen, das der Umgang mit Leichen mit sich bringt, zu entschädigen. 20 bis 50 „rote Umschläge“ hongbao (die Geldscheine enthalten, Anm. der Autorin) für alle Angestellten einer Spedition oder Airline bereitzuhalten, ist absolut üblich…
Das Interview wurde im Mai 2020 per Email geführt. Übersetzung aus dem Englischen: Maja Linnemann
Auf der Website von Roseates finden sich die neuesten Newsletter des Unternehmens mit Infos und Meldungen rund um das Thema Bestattungen in China.
Es war mir nicht bewusst, dass die Überführung des Leichnams vier bis fünfmal so viel wie die Rückführung der Asche kostet. Meine Oma hat den speziellen Wunsch, nach ihrem Tod einbalsamiert zu werden. Sie ist inzwischen schon sehr alt und da man nie wissen kann, werde ich mich mit der Thematik bei einem geeigneten Bestattungsunternehmen auseinandersetzten.
https://bestattungen-lohan.de/Einbalsamierung.html
Guten Tag Herr Schwarz,
lebt Ihre Oma als Ausländerin in China?