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Paris: Cimetière des chiens III

Wie auf jedem Friedhof ist das Lesen der Inschriften mindestens so faszinierend wie die Aufnahme der visuellen Eindrücke. Über einem verblichenen Schwarz-weiß-Bild von zwei liegenden Hunden steht: „Le très super bon chien“ und „Sa très super sage fille“. Darunter:  1977 93 78 94 “Aux années folles de ma vie de chien“ – Auf meine verrückten Jahre als Hund.

Für einen Pudel, 1989-2007: „Für unsere teure und geliebte EMJIE. Unsere große Liebe, die durch ihre Intelligenz, Sensibilität, und ihre Zuneigung unsere Freude und unser Glück war. Sie war ein Herz, eingehüllt in Fell. 6 kg reine Liebe. Wir werden dich nie vergessen.“

Das Herrchen von Pignou hat sich auch gleich selber mit einem Foto auf dem Grabstein verewigt. Ein netter Typ, der lächelt, ein Schnappschuss auf dem Sofa, an seiner Seite ein schwarzer Hundekopf, vielleicht ein Schnauzer. Auf dem zweiten Bild sieht man den Hund zusammen mit einem Kätzchen.  Pignou fehlt seinem Halter so sehr, dass dieser „jeden Tag an ihn denkt, an die sechs Jahre des Glücks, der Liebe und der Freude, die wir geteilt haben“ Ich hoffe, dass wir eines Tages wieder vereint sein werden, mein Engel“. Ich mag Tiere wirklich, aber ich habe kein Haustier. Angesichts dieser Emotionen frage ich mich, ob mir da etwas gang Großes entgeht?

Die lieben Tierchen sind nicht nur vollwertige Familienmitglieder, sondern werden offensichtlich vielfach auch als Kinder betrachtet – „notre petit bébé“ oder „ta maman“ liest man wirklich oft. Nicht aber „Ton papa“! Ob sie Kinderersatz sind oder neben leiblichen Kindern existieren, frage ich mich. Aber eine meiner Freundinnen, die zwei Töchter geboren und aufgezogen hat, hat mir gesagt, dass sie sich, wenn sie zu ihren Hunden spricht, auch als „Mami“ bezeichnet.

Neben den Denkmälern für eine innige persönliche Beziehung wurden auf dem Hundefriedhof schon früh Tiere (vor allem Hunde) für ihre Leistungen geehrt. Aus dem Jahr 1912 stammt ein Denkmal für Polizeihunde errichtet, die Anfang des 20. Jahrhunderts in einige Polizeistationen der Pariser Vororte zum Einsatz kamen. Und das große, viel fotografierte Denkmal am Eingang ehrt einen Bernhardiner, der 40 Menschen das Leben gerettet hat.

Die große Masse der Tiere sind Hunde und Katzen (klein genug für eine Stadtwohnung und kuschelig und langlebig genug, um eine enge Bindung aufzubauen…), aber ich freue mich sehr, dass hier auch ein paar Pferde bestattet sind, also wohl ihre Asche, denn sonst müssten die Gräber ja recht groß sein… Das wäre noch mal zu recherchieren. So hat die Gründerin des Friedhofs, Marguerite Durand hier ihr weißes Pferd, Gribouille, bestattet, das 35 Jahre alt geworden ist.

Außerdem liegen hier zwei Rennpferde, Masseraux (1989) und Tsoytong, deren Grabstätten ich bei diesem Besuch nicht gefunden habe, ebenso wenig wie das Grab von Clément (2000-2011), dem Welsh Corgi Pembroke des Schriftstellers Michel Houlebecq, der ihn auch in seinem schöpferischen Werk inspiriert haben soll.

Aufgelockert wird die Hunde-Katzen-Gesellschaft durch vereinzelte Kaninchen, Vögel, einen Löwen (gehörte ebenfalls der Gründerin), ein Schaf, die Schildkröte Ezequielle – sie war „ein Geschenk des Lebens“ – und ein Äffchen.

Der Friedhof ist nicht nur ein künstlerischer und historischer Ort, ist nicht nur ein Ort persönlicher Trauer und Erinnerung, er ehrt nicht nur Rassehunde, Rennpferde und Filmstars, nein, er konfrontiert den Besucher auch mit den realen Problemen unserer Zeit: Ein kleines Rasenquadrat mahnt an das Schicksal der „unbekannten Honigbiene“, @Bee_nfluencer 2019-2021. „Gestorben durch Pestizide während sie ihren Lebensraum schützte. Entdecken Sie ihre Geschichte auf: beefund_foundationdefrance.org

Zum Schluss

Erst zuhause, beim Durchschauen meiner Fotos, hatte ich Muße, mich an den Tiernamen zu ergötzen. Ich habe versucht, für jeden Buchstaben des Alphabets einen besonders schönen Namen auszuwählen. Nun fehlt mir nur das „I“, danach werde ich nächstes Mal suchen. Bitte laut lesen und auf der Zunge zergehen lassen:

Azouky, Busta, Caramel,
Daisy, Emjie, Fetiche,
Guizmo, Habel, Joujou,
Kiki, Loulou, Milou,
Noiraud, Odette, Paquette,
Quick, Rosalinde, Scrouge,
Totoche, Ulka,
Vatel, Winny,
Xixi, Youpi, Zebulon
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Paris: Cimetière des chiens I
Paris: Cimetière des chiens II

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